Frankfurter Rundschau - 24.08.08

Kein Segen von oben
Bischof entzieht Priester nach Homo-Zeremonie das Dekansamt
VON KARIN DALKA

Wetzlar am Freitag: Nach der Zeremonie im Standesamt zieht das frisch verbundene Paar samt Festgesellschaft
in den Dom, um sich den kirchlichen Segen zu holen. Für beide eine "Herzensangelegenheit". Eine schöne Feier
mit 150 Gästen. So weit, so gut.

Nicht für den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Denn das Paar ist schwul. Um "weiteren Schaden
von der katholischen Kirche abzuwenden", entzieht der Bischof am Mittwoch dem 55-jährigen Priester Peter
Kollas, der den Segen spendete, das Amt des Bezirksdekans. Es dürfe nicht der falsche Eindruck entstehen, dass
die katholische Kirche homosexuelle Lebensgemeinschaften mit der Ehe gleichstelle. Damit reagiert der Bischof
auch auf Proteste von (katholischen und evangelischen) Glaubensbrüdern und Schwestern, die an der Feier
Anstoß nahmen.

Ein bisher einmaliger Fall. Seit Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaften 2001 hat es bisher kein
katholischer Pfarrer gewagt, sich in dieser Frage gegen die Amtskirche zu stellen. Bei den Protestanten ist die
Lage unübersichtlicher: Einige evangelische Landeskirchen erlauben die Segnung - wie etwa Hessen-Nassau -,
andere nicht. Da mag die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HUK) noch so engagiert dafür
werben, dass Kirche zu einem Ort wird, "an dem jedes Paar etwas von der bedingungslosen Liebe Gottes
erfahren kann".

Eine Diskriminierung von Homosexuellen mögen die Gegner der Segnung nicht erkennen. Für den Lesben- und
Schwulenverband ist dagegen klar, dass die katholische Kirche mit allen Mitteln Schwule und Lesben in ihren
Gemeinden "verdrängen" wolle. Ein "Akt unerbittlicher Unversöhnlichkeit" sei die Reaktion des Bistums im Fall
Wetzlar. Bigott und unbarmherzig, so nennt sie Volker Beck von den Grünen.
Für das Bistum ist der Fall erledigt. Denn Pfarrer Kollas, der als Seelsorger weiter arbeiten darf, hat sich nach
einem Gespräch mit dem Bischof "einsichtig" gezeigt und zugesichert, dass er in Zukunft keine Lebenspartner
mehr segnen wird. Sein Fehler sei gewesen, dass er "nicht ausreichend auf dem Radarschirm hatte", welche
Reaktionen er auslösen würde. So oder so.
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Dokument erstellt am 20.08.2008 um 18:00:14 Uhr
Erscheinungsdatum 20.08.2008 um 18:00:14 Uhr