28.08.08 | Presseerklärung Homosexuelle Gläubige sind keine Katakomben-Christen

{mosimage}Die Abberufung des Wetzlarer Dompfarrers Peter Kollas als Bezirksdekan als Reaktion des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst auf die Segnung unserer Lebenspartnerschaft am 15.08.2008 im Wetzlarer Dom hat ein europaweites Medienecho hervorgerufen.

In unserem Fax an den Bischof vom 20.08.2008 haben wir unsere Bestürzung zum Ausdruck gebracht, die Rücknahme der Abberufung gefordert und um eine Audienz gebeten.

Der Bischof hat unsere Gesprächsbitte aufgegriffen und so fand heute am Donnerstag, den 28.08.2008, im Bischöflichen Ordinariat in Limburg ein Gespräch zwischen Herrn Domkapitular Dr. Löhr, Leiter Pastorale Dienste, und Herrn Professor Dr. Schüller, Leiter der Abteilung Kirchenrecht, statt.

Im Rahmen eines außergewöhnlich langen Gesprächs mit einer Dauer von etwa zweieinhalb Stunden haben wir uns als Paar vorgestellt, unsere Position vorgetragen und ausführlich dargestellt, dass wir als  Homosexuelle in Kirche und Staat integriert sind und weder Christen noch Gläubige zweiter Klasse sind. Homosexuelle sind keine Katakomben-Christen, die sich wie im römischen Reich verstecken müssen und denen Schilder umgehängt werden, auf denen steht: „Bitte nicht segnen“.

Wir haben beigeschlossenes Schreiben unseren Gesprächspartnern zur Weiterleitung an den Bischof übergeben und ihn darin gebeten, seine Position zu Peter Kollas neu zu überdenken und die Abberufung als Zeichen der Stärke zurück zu nehmen.

Aus unserer Sicht ist es längst überfällig, dass beide großen christlichen Volkskirchen eine angemessene Begleitung homosexueller Lebensgemeinschaften erarbeiten. Konkret haben wir den Bischof aufgefordert, darüber nachzudenken, Peter Kollas, der das Vertrauen der Kirche und durch seine mutige Tat auch der homosexuellen Gläubigen und Christen hat, mit dieser Aufgabe zu betrauen.

In einer sehr offenen Atmosphäre wurden die jeweiligen Standpunkte deutlich. Allerdings wurde auch ehrlich von beiden Seiten formuliert, wo die Gemeinsamkeiten enden.

Solange sich Homosexuelle als Gläubige und Christen in das Gemeinde- und Kirchenleben integrieren, sehe die katholische Kirche keine Probleme, so Löhr und Schüller. Problematisch werde es aber, wenn sie sich als gläubige Christen zu ihrer Homosexualität bekennen und in dieser Dualität auch vor Gott und der Gemeinde wahr- und angenommen werden wollen. Dem setzten wir entgegen, dass viele homosexuelle Paare häufig ihre Kraft aus dem Glauben schöpfen.
   
Löhr und Schüller hoben hervor, dass die Anerkennung homosexueller Beziehungen, wie sie in der Segnungshandlung dokumentiert wird, in der katholischen Kirche nicht vorgesehen sei. Die Segensgewährung sei in diesem Zusammenhang als eine „sakramentale Handlung“ zu werten. Sie betonten, dass der Bischof keine Spielräume bei der Anerkennung sakramentaler Handlungen habe, da er in die katholische Weltkirche und deren Lehrgrundsätze eingebunden sei.

Uns wurde klar, dass einerseits große Aufgeschlossenheit auch gegenüber unserer Lebensform und dem Anliegen durch eine Segenshandlung begleitet zu werden, besteht, solange dies hinter verschlossen Türen formuliert und praktiziert wird. Sobald aber Öffentlichkeit hergestellt wird, ist die katholische Kirche überfordert. Dies hat zu dem unhaltbaren Zustand geführt, dass etliche Segnungen quasi in Hinterzimmern und unter größter Verschwiegenheit weniger Anwesender stattgefunden haben und stattfinden, was die Gefahr eines „Schmudelimages“ in sich birgt.

Löhr und Schüller betonten, dass sie die Seriosität unseres Anliegens und unserer Beziehung dem Bischof vortragen würden und unser Schreiben dem Bischof übergeben werden. Beide Seiten zeigten sich für einen weiteren Dialog offen und äußerten den Wunsch nach einer konstruktiven Diskussion.

Das Gespräch hat gezeigt, dass die Katholische Kirche noch weit davon entfernt ist, Homosexualität so hinzunehmen, wie es Gott gewollt ist. Gott hat bei der Schöpfung der Menschen keinen Fehler gemacht, als er offensichtlich auch Menschen mit homosexueller Orientierung geschaffen hat.

Nach wie vor hoffen wir, dass der Bischof uns persönlich empfangen wird.   

Wetzlar, den 28.8.2008

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